Paderborner Physiker entwickeln neue Solarzelle

 |  TRR 142 - Maßgeschneiderte nichtlineare Photonik: Von grundlegenden Konzepten zu funktionellen Strukturen

Physiker der Universität Paderborn haben mit Hilfe komplexer Computersimulationen ein neues Design für deutlich effizientere Solarzellen als bisher entwickelt. Verantwortlich für die Effizienzsteigerung ist eine dünne Schicht aus organischem Material, das so genannte Tetracen. Die Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift "Physical Review Letters" veröffentlicht.

"Die jährliche Energie der Sonneneinstrahlung auf der Erde beträgt über eine Billion Kilowattstunden und übersteigt damit den globalen Energiebedarf um mehr als das 5000-fache. Die Photovoltaik, also die Erzeugung von Strom aus Sonnenlicht, bietet daher ein großes und noch weitgehend ungenutztes Potenzial für die Versorgung mit sauberer und erneuerbarer Energie. Die dafür eingesetzten Silizium-Solarzellen dominieren derzeit den Markt, haben aber Wirkungsgradgrenzen", erklärt Prof. Dr. Wolf Gero Schmidt, Physiker und Dekan der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Paderborn. Ein Grund dafür ist, dass ein Teil der Energie der kurzwelligen Strahlung nicht in Strom, sondern in unerwünschte Wärme umgewandelt wird.

Schmidt erklärt: "Um den Wirkungsgrad zu erhöhen, kann die Silizium-Solarzelle mit einer organischen Schicht versehen werden, zum Beispiel aus dem Halbleiter Tetracen. In dieser Schicht wird kurzwelliges Licht absorbiert und in hochenergetische elektronische Anregungen, sogenannte Exzitonen, umgewandelt. Diese Exzitonen zerfallen im Tetracen in zwei niederenergetische Anregungen. Wenn es gelingt, diese Anregungen auf die Silizium-Solarzelle zu übertragen, können sie effizient in Strom umgewandelt werden und die Gesamtausbeute an nutzbarer Energie erhöhen."

Entscheidender Durchbruch für schnelle Energieübertragung

Den Anregungstransfer von Tetracen in Silizium untersucht Schmidts Team mit komplexen Computersimulationen am Paderborn Center for Parallel Computing (PC2), dem Hochleistungsrechenzentrum der Universität. Jetzt ist ein entscheidender Durchbruch gelungen: In einer gemeinsamen Studie mit Dr. Marvin Krenz und Prof. Dr. Uwe Gerstmann, beide ebenfalls von der Universität Paderborn, konnten die Wissenschaftler zeigen, dass spezielle Defekte in Form von ungesättigten chemischen Bindungen an der Grenzfläche zwischen Tetracenfilm und Solarzelle den Exzitonentransfer dramatisch beschleunigen. Schmidt: "Solche Defekte entstehen bei der Desorption von Wasserstoff und verursachen elektronische Grenzflächenzustände mit fluktuierender Energie. Diese Fluktuationen transportieren die elektronischen Anregungen aus dem Tetracen in das Silizium wie ein Auftrieb."

Solche "Defekte" in Solarzellen sind eigentlich mit Energieverlusten verbunden. Umso erstaunlicher sind die Ergebnisse des Physiker-Trios: "Im Fall der Silizium-Tetracen-Grenzfläche sind die Defekte essentiell für den schnellen Energietransfer. Die Ergebnisse unserer Computersimulationen sind wirklich überraschend. Sie liefern auch präzise Hinweise für das Design einer neuartigen Solarzelle mit deutlich erhöhtem Wirkungsgrad", so der Physiker.

Die Studie ist online verfügbar.

Foto (Universität Paderborn, Besim Mazhiqi): (Von links nach rechts) Die Autoren Prof. Dr. Uwe Gerstmann, Dr. Marvin Krenz und Prof. Dr. Wolf Gero Schmidt mit ihrem Poster zum Energietransport in der Solarzelle.
Foto (Universität Paderborn, Besim Mazhiqi): (Von links nach rechts) Die Autoren Prof. Dr. Uwe Gerstmann, Dr. Marvin Krenz und Prof. Dr. Wolf Gero Schmidt mit ihrem Poster zum Energietransport in der Solarzelle.
Grafik (Universität Paderborn, Bocchini): Visualisierung der Anregungsübertragung vom Tetracen auf das Silizium.
Grafik (Universität Paderborn, Bocchini): Visualisierung der Anregungsübertragung vom Tetracen auf das Silizium.

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